Die Auswirkungen des Hamsterrads: Wie es Kƶrper und Seele belastet

deutsch Apr 10, 2025

Mein Leben im Hamsterrad


Ich hatte eine Vollzeitstelle in der Finanzbranche und arbeitete nebenbei als interkulturelle Trainerin. Täglich pendelte ich über drei Stunden mit Auto und Zug. In den kurzen Abenden versuchte ich, Sport, Networking, Chor und Freunde unter einen Hut zu bringen. Die Wochenenden waren viel zu kurz, um all das zu erledigen, was ich während der Woche nicht geschafft hatte - Haushalt, Finanzkram, Nachbereitung von Trainings, Kontakt zur Familie. 


Ein ganz normaler Alltag – oder etwa nicht? Es ging nicht gut. Irgendwann begann mein Körper zu streiken.


Das ständige Rotieren im Hamsterrad führte zu ersten körperlichen Symptomen:

• Schlafprobleme
• Kopf- und Rückenschmerzen
• Muskelverspannungen
• Dauerhafte Erschöpfung
• Ein geschwächtes Immunsystem


Doch die körperlichen Beschwerden waren nur der Anfang. Emotional setzte mir das Hamsterrad ebenfalls stark zu:

• Selbstzweifel und ständiges Hinterfragen des eigenen Handelns
• Sinnkrisen: „Was soll das alles?“
• Ein endloses Gedankenkarussell ohne Ausweg
• Das Gefühl, meine Lebenswerte aus den Augen zu verlieren
• Zunehmender Zynismus gegenüber meinen Arbeitsinhalten


Der Teufelskreis des Perfektionismus


Einer meiner Hauptantreiber war Perfektionismus. Mit meiner angeschlagenen Gesundheit fühlte ich mich nicht mehr in der Lage, gute Arbeit zu leisten – was dazu führte, dass ich noch mehr arbeitete, um vermeintliche Schwächen auszugleichen. Das Ergebnis? Noch schlechterer Schlaf, noch mehr Rückenschmerzen und noch weniger Konzentration. Ich stumpfte ab, wurde gereizt und mein Leben reduzierte sich auf eine einzige Empfindung: Stress.


Die typischen Auswirkungen des Hamsterrads

Meine Geschichte ist kein Einzelfall. Viele Menschen erfahren ähnliche Beeinträchtigungen durch das ziellose Strampeln im Hamsterrad – privat wie beruflich:


• Gesundheitliche Probleme wie Erschöpfung und Schlafstörungen
• Frustration und Wut
• Gereiztheit und Unkonzentriertheit
• Hyperaktivität oder Resignation
• Selbstaufgabe und das Gefühl, sich verstellen zu müssen
• Kompensation durch Suchtmittel oder übermäßiges Essen
• Verschlechterte Beziehungen zu Partnern, Kindern oder Freunden


Das Verharren im Hamsterrad ist destruktiv. Oft spürt das Umfeld zuerst die Veränderungen – ständige Gereiztheit, Überempfindlichkeit oder Mikroagression. Menschen, die eigentlich helfen wollen, ziehen sich daraufhin zurück. Doch wenn von aussen keine Entlastung kommt, wird klar: Es muss sich von innen heraus etwas bewegen.

An diesem Punkt stecken viele fest: Sie wissen, dass sie etwas ändern müssen, aber nicht wie oder wann. Ohne Zeit für Reflexion bleibt man im Hamsterrad gefangen – oder tauscht es aus Verzweiflung gegen ein neues ein: neuer Job, neues Umfeld – aber das Muster bleibt gleich.

 

Zeit für eine Bestandsaufnahme


Ein erster Schritt besteht darin, dir bewusst Zeit für eine Bestandsaufnahme zu nehmen. Überlege dir in Ruhe: Was willst du wirklich? Welche Lebenswerte sind dir wichtig? Dein Umfeld hat oft ein Interesse daran, dass du im Hamsterrad bleibst – als Versorgerin oder Problemlöserin. Doch jetzt geht es darum, dich selbst wieder wahrzunehmen und deine Bedürfnisse ernst zu nehmen. Nimm dir Zeit dafür. 

 

 


Dieser Beitrag erschien erstmals am 5. September 2020. Er wurde zur Klarstellung bearbeitet.

 

Foto:  Trent Szmolnik auf Unsplash